Vorstandsgehälter

by Harald Ackerschott, posted Jul 12, 2009

Am 18.06.2009 verabschiedete der Deutsche Bundestag das „Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung“ (VorstAG). Dies regelt insbesondere die Anreizsysteme: „Die Vergütung des Vorstands einer Aktiengesellschaft muss künftig auch in einem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen des Vorstands stehen und darf die (branchen- oder landes-) übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen.“

Darüber hinaus sollen die Vergütungsstrukturen mehr an einer nachhaltigen Entwicklung des Unternehmens orientiert sein, so können z. B. Aktienoptionen künftig frühestens vier Jahre nach Einräumung der Option ausgeübt werden.

Das VorstAg wird jedoch nicht nachhaltig wirken, weil die Konstruktion der flexiblen, ergebnisorientierten Vergütung in sich nicht langfristig vertrauensbasiert, sondern eingreifend steuernd wirkt.

Die ganze Diskussion um flexible Vorstandsentlohnungen beruht auf einer schwachen Hypothese, der Hypothese, dass eine Gleichschaltung zwischen Eigentümerinteressen und Vorstandsinteressen durch flexible Vergütung dargestellt werden könne, die unmittelbar Vorstandsverhalten steuere. Grundlage dieser Hypothese ist die Prinzipal Agent Theorie.

Die Prinzipal Agent Theorie beschreibt, den „Agenten“ folgendermaßen (H.L.Tolsi et al., 2000, S. 304):
„1. Der Agent vermeidet Risiken (für sich),
2. er ist selbst-zentriert,
3. seine Interessen können von den Interessen des Auftraggebers (Prinzipal) abweichen.“

Auf der anderen Seite stehe der Prinzipal:

„Da der Prinzipal dem Agenten aber regelmäßig dahingehend unterlegen ist, dass er weniger gut weiß und beurteilen kann was der Agent tut als der Agent, dass er keine Möglichkeit hat, den Agenten wirklich zu überwachen und dass dem Agenten die Infrastruktur des Unternehmens zur Verfügung steht, auch um seine eigenen Interessen zu verfolgen, bleibt dem Prinzipal nur, mit dem Agenten einen Vertrag zu schließen, der ein System beinhaltet, das sicherstellt, dass die Entscheidungen und Verhaltenweisen des Agenten nicht von den Interessen des Prinzipals abweichen und Belohnungen für Ergebnisse, wie Profitabilität, die für den Prinzipal von Bedeutung sind, enthält.“ (H.L.Tolsi et al., 2000, S. 304).

Und daraus folge:

„Ergebnisorientierte Entlohnungssysteme lösen das Agenten Problem“ (H.L.Tolsi et al., 2000, S. 305).

Leider ist es nur im Rahmen einer linearen Entwicklung (des Umfeldes, der Märkte, des Unternehmens selbst) möglich, aus der Vergangenheit sinnvolle Zielsetzungen vorzugeben. Denn wenn der Vorstand besser weiß was er tut, die Folgen besser abschätzen kann und direkteren Zugriff auf die Unternehmensressourcen hat als der Eigentümer oder der Aufsichtsrat, dann haben letzte nicht die Möglichkeit, ein funktionierendes Vorgabesystem zu definieren, das flexibel auf Veränderungen reagieren kann.

Daher ist die Beziehung und nicht die Belohnung das entscheidende. Die Beziehung zum Vorstand wird vor während und nach der Einstellung erarbeitet. Bei der Einstellung werden die Weichen für den Rahmen gestellt. Wird eine Basis des Vertrauens definiert, werden die natürlicherweise unterschiedlichen Interessen des Einzelnen und der Organisation offen ausgehandelt und auf eine gemeinsame Linie gebracht oder wird eine Beziehung konstituiert, die permanent monetär bewertet wird?

Vertrauen ist in diesem Zusammenhang nicht naiv zu verstehen sondern als Ausdruck eines voll durchverhandelten psychologischen Vertrages, der die auch von Unternehmenszielen abweichende Eigenmotivation des Vorstandes akzeptiert.

Um derartig die Basis des Vertrauens zu definieren, sollte im Rahmen der Einstellung ein Festgehalt vereinbart werden. Dieses sollt unbedingt so bemessen sein, dass man den bestmöglichen Kandidaten engagieren kann und dieser die Möglichkeit hat, auf der Basis des Festgehaltes das Gesamtunternehmen verantwortungsvoll und loyal zu steuern. Es sollte nicht durch einen extensiven variablen Anteil Leverage auf eingeengte Parameter konzentriert werden. Selbstverständlich sollte der Vorstand die Möglichkeit haben, seinen Beitrag zum Unternehmen mit geeigneten Messgrößen selbst zu überwachen. Die Wahl der Messgrößen muss aber flexibel auf die wechselnden Hehrausforderungen während der Zeit seines Engagements einstellbar sein.

Auch kann dem Vorstand zum Abschluss seiner Tätigkeit oder später eine Tantieme ausgezahlt werden. Diese sollte nach freiem Ermessen bestimmt werden und ein Ausdruck der Fairness und des geleisteten Beitrags und des verdienten Respekts sein.

Eine solche Konstruktion hat zwei besonders prägnante Vorteile: Erstens bleibt der Vorstand Subjekt. Er steuert und leitet eigenverantwortlich die AG, wie §76 Abs. 1 AktG vorschreibt. Ihm ist die gesamte Gesellschaft anvertraut. Und zweitens werden keine Glücksritter angelockt, die mit Verträgen mit endlichem Risiko über einige weinige Parameter extensive Gewinne erzielen wollen. Auch „claw-back“ Regeln können letzteren Effekte wegen der immanenten Asymmetrie nicht wirklich neutralisieren.

Tosi, H.L., Werner, S., Katz, J.P., Gomez- Meijia, L.R.(2000). How much does performance matter? A Meta- Analysis of CEO Pay Studies. Journal of Management, 26, 301.

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