Chancen und Risiken liegen im Finanzwesen dicht beieinander: Leistung soll sich lohnen, aber bitte die richtige, die produktive Leistung, die nicht nur den eigenen Nutzen zum Schaden anderer maximiert.
Der Bund wird konkret.
Jetzt greifen Bafin und Bundesbank ein. Das Handelblatt berichtet heute morgen, dass in den neuen „Mindestanforderungen für das Risikomanagement“ explizite Aussagen zu Bonuszahlungen enthalten sind.
In Managervergütung, „Bund greift bei Bankboni durch“ von Sven Afhüppe und Daniel Delhaes wird berichtet, dass der Entwurf, der gemeinsam mit der Bundesbank entwickelt wurde, auf dem richtigen Weg ist. Vergütungssysteme müssten schädliche Anreize zur Eingehung unverhältnismäßig hoher Risikooptionen vermeiden und von einem internen Gremium der Bank weiterentwickelt werden. Der individuelle Erfolg eines Mitarbeiters wird zum Gesamterfolg des Instituts in Beziehung gesetzt, und zu Abfindungsansprüchen werden Ausführungen gemacht. Insbesondere konkretisieren sie die Mindestanforderungen, dass ein hoher Anteil der variablen Anteile an der Gesamtvergütung Abhängigkeiten des Gehaltsempfängers von eben diesen Boni zur Folge haben kann und dass darin ein besonderer, konkreter Risikofaktor begründet sei.
Damit gehen BaFin und Bundesbank über die bisher vorliegenden Mindestanforderungen hinaus und machen nicht nur Zielvorgaben, sondern weisen auf konkrete, erkannte Risiken hin.
Die Psychologie der Vergütung
Aus psychologischer Sicht ist zu ergebnisorientierten Entlohnungssystemen grundsätzlich folgendes anzumerken:
Gehalt bzw. einzelne Gehaltsanteile haben nur dann verstärkende (psychologisch: als Folge einer Intervention wird ein Verhalten wahrscheinlicher) Wirkung und wirken damit verhaltenssteuernd, wenn:
– die an sie geknüpften Anforderungen klar sind und verstanden werden,
– die an sie geknüpften Anforderungen von den Akteuren beeinflussbar sind und
– die Anforderungen im Zusammenhang mit den Verhaltensweisen stehen, die verstärkt
(also gesteuert) werden sollen.
Variable Vergütung engt Denken und Handeln ein
Sind bestimmte Gehaltsanteile an das Erreichen kurzfristiger Ziele geknüpft, so werden Verhaltensweisen verstärkt, die zur Erreichung dieser kurzfristigen Ziele von den Akteuren als wirksam erachtet werden.
Generell ist sicher, dass der verhaltenssteuernden Wirkung von monetären Anreizen enge Grenzen gesetzt sind. Insbesondere ist auch zu betonen, dass überall dort, wo substanzielle Belohnungen durch konkrete Teilleistungen erreicht werden, der Erreichung dieser Teilleistungen Vorrang vor übergeordneten Zielen gegeben werden wird.
Selbst da, wo ergebnisorientierte Entlohung wirkt, hat sie eine gravierende Nebenwirkung: Den Effekt der Überrechtfertigung. Der Effekt der Überrechtfertigung oder Verdrängung von intrinsischer Motivation zeigt sich zwar in Experimenten und Studien nicht eindeutig stabil, weist aber deutlich in eine Richtung: monetäre Belohnung (im Gegensatz zu Eigenmotivation, Befriedigung durch die Leistung an sich, Stolz auf das Erreichte, oder auch Belohnung durch entgegengebrachten Respekt) wirkt hemmend bei hochinteressanten Aufgaben, wenn die Belohnung angekündigt wird und eher lose an das Leistungsniveau geknüpft ist. Auch Unschärfe der Aufgabe ist eine Bedingung, unter der sich monetäre Bestätigung negativ auf die Eigenmotivierung auswirkt. Unstrittig aber ist, dass Verstärker, wenn sie wirken, tatsächlich wirken, also die Wahrnehmung einengen auf das belohnte Teilziel und weglenken von der selbstgesteuerten, überblickenden, Zusammenhang stiftenden, auch selbstreflektierenden Sicht- und Arbeitsweise. Diese Überlegungen bieten deutliche Hinweise, leistungsbezogene Entlohnung zwar bspw. bei Vertriebsmitarbeitern (nicht Beratern!) mit klaren Leistungszielen oder bei Akkordarbeitern vorzusehen, aber nicht bei Fachkräften, die eher unscharfe Aufgaben haben und deren Ziele kaum sinnvoll zu vereinbaren sind oder gar bei Unternehmensführern, die ja genau eines tun sollen: nicht auf Details fixieren, sondern den Überblick behalten.
Aus psychologischer Sicht sollte daher immer eingehend geprüft werden, ob eine variable Vergütung überhaupt zwingend notwendig ist, oder ob nicht grundsätzlich die „Nebenwirkungen“ überwiegen. Die Unterstellung, dass ein großzügiges Festgehalt grundsätzlich nicht zur Leistungsförderung beitragen könne ist eben vor allem eins: eine Unterstellung, die Misstrauen ausdrückt. Und wie kann man den eigenen Mitarbeitern misstrauen, gleichzeitig aber Vertrauen von den Märkten und Kunden einfordern?
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Frank Wiebe schlägt in seinem Kommentar vor: „Die Gestaltung der Vergütung sollte sich nach dem simplen Prinzip der Symmetrie richten: Wenn ein positives Ergebnis einen Bonus erlaubt, dann muss ein negatives Ergebnis auch einen Malus nach sich ziehen.“ Eine solche Regelung würde psychologisch aber nur Sinn machen, wenn der Mitarbeiter diese Schwankungen durch sein Verhalten auch verursacht. Ansonsten drückt ein derartiges Vergütungssystem keine Incentivierung aus, sondern gibt nur Marktschwankungen an die Mitarbeiter weiter.
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WIWO.de: Gehaltsexzesse, Bund will schärfere Regeln gegen Boni-Banker, Wilfried Eckl-Dorna
Handelsblatt vom 18. August 2009: Neue Exzesse, Bonuszahlungen: Politiker drohen Bankern